Mrz 152014
 

Die ständische Subjektivität des Steuerzahlers

»Ich bin aber kein Sozialschmarotzer, ich habe fünf Millionen an soziale Einrichtungen gegeben, 50 Millionen Steuern gezahlt. Ich will damit nicht angeben, ich will nur reinen Tisch machen.«

Manche wollen so manches nicht und tun es dann doch. Ich zum Beispiel will über Uli Hoeneß nicht breit werden, und das wäre auch nicht nötig, ginge es nur um diesen Gerichtsprozess. Der ist durch, mit einem gerechten Urteil, gegen das es, da die Gesetzlage eindeutig ist, nichts vorzubringen gibt. Zudem darf man beruhigt sein, denn der Ausnahmezustand ist vorerst abgewendet. Continue reading »

Aug 242013
 

Anmerkungen zur TSG Hoffenheim

Reflexionen sind ja nie nur angenehm. Ständig diese quälende Frage, ob man tun darf, was viel zu viel Spaß macht, um ganz frei von Regression sein zu können, und bangen Blicks also schreitet er, der denkende Fußballfan, aus der Kurve ins Leben zurück und stellt sich zeigefingergeplagt dem großen Problem: Darf man die TSG Hoffenheim hassen? Darf man diesen anmaßenden, seelenlosen und überflüssigen Verein abgrundtief scheiße finden? Darf man ihm die Zwangsversetzung in die Oberliga Baden-Württemberg wünschen? Darf man dürfen? Continue reading »

Nov 292012
 

Kriegszeit im Nahen Osten ist Zeit für Gefühle. Hier fast noch mehr als daselbst. Europa ist ein Irrenhaus, worin man den Nahostkonflikt nicht einfach behandelt, sondern an ihm nachweist, wer man ist. Worin man sich nicht einfach den Kopf über seine Lösung zerbricht, sondern ihn darin als Gradmesser des Weltfriedens gleichsam neu erfindet. Das ist so krank, wie es sich anhört. Wofern nicht bereits das übermäßige Interesse an diesem Komplex verdächtig sein sollte, mag doch wenigstens die Zwanghaftigkeit, mit der die Bekenntnisse vorgebracht werden, nachdenklich machen. Bekenntnisse kosten, anders als Argumente, gar nichts. Was keinen Preis hat, hat vermutlich auch keinen Wert. Die populärste Form, Israel und seine Lage zu kommentieren, ist das Bekenntnis. Es fällt, zugegeben, einigermaßen schwer, zwischen IDF-Kitsch und Palästina-Folklore etwas Haltung zu bewahren. Das Ausstellen von Wimpeln und Symbolen ist – wie das Herumziehen in Gruppen – ein Zeichen intellektueller Unsicherheit, obgleich sich auch Brüder von der ausgeschlafenen Fraktion gelegentlich dazu hinreißen lassen, eine Fahne zu schwenken, und sei es nur – wie sie sich selbst versichernd einreden – zur Provokation. But stupid is as stupid does. Continue reading »

Okt 062011
 

Weiß der Teufel, warum wir über Witze lachen. Sie spiegeln bloß den Irrsinn wieder, der, als Schwachsinn getarnt, unter den Menschen geistert. Wir lachen am Witz über das, was uns unzählige Male im Leben begegnet ist. Begegnen wir ihm im Leben, lachen wir nicht. Wir ärgern uns oder – häufiger – finden überhaupt nichts merkwürdig dabei. Kommt z.B. ein Jude in eine Fleischerei und sagt: »Ich hätte gern 500g von dem Fisch dort.« – »Aber das ist doch Schweinefleisch.« – »Ich habe dich nicht gefragt, wie der Fisch heißt. Ich hätte gern 500g von dem Fisch.« Continue reading »

Jul 112011
 

Antiimperialismus und Judenhass

 

»… laßt uns Kerzchen anzünden für die Verarschten und Ausgebluteten, die mit uns sonst nichts weiter zu tun haben, als daß wir sie erlösen wollen, laßt uns ganz viel davon reden, wie die ›westliche Kultur‹ die ›anderen Kulturen‹ unterdrückt und ausbeutet, die irgendwie unschuldiger, erdnaher, niedlicher sind, von so ein bißchen Klitorisrausschneiden, Steinigen und Frauen-in-den-Sack-Stecken mal abgesehen. Mit Sitting Bull, Geronimo und den Taliban gegen Thomas Jefferson, so stellen die sich das vor.«

Dietmar Dath

 

Von allen verrückten Schnurren mitteleuropäischer Nahostfolklore weiß ich eine verrückteste. Es kann keine fünf Jahre her sein – vielleicht war es kurz nach dem Krieg im Libanon –, da schrieb mir einer, mit dem ich bis dahin bekannt war, folgenden Gedankengang nieder: Ohne Antisemitismus könne Israel nicht existieren, weshalb er von den Zionisten nicht bekämpft, sondern nach Kräften gefördert werde; die Abschaffung des Staates Israel sei folglich die Voraussetzung für die Abschaffung des Antisemitismus. Der das schrieb, war offenkundig kein Logiker, aber auch kein Nazi. Er war ein Linker, zumindest im Selbstverständnis. Ich danke dem Vorfall eine wichtige Erkenntnis, auf die ich am Ende zurückkommen werde. Auf den Brief damals habe ich nicht mehr erwidert. Mit Antisemiten diskutiert man nicht, man bekämpft sie. Und wenn man, wie ich, das Kämpfen nicht gelernt hat, dann schreibt man ihnen dennoch nicht, sondern bestenfalls über sie. Continue reading »