Zu »The Americans«, letzte Staffel
»The Americans« ist eine elegant und mit unwahrscheinlichem Sinn für Details inszenierte Serie, zudem über Staffeln hinweg so erzählt, das sich kaum je die fürs Serien-Genre üblichen Effekte von Abnutzung, Retardation und sturer Langweile einstellen. Gewiss, im Laufe der Zeit übernahm das visuell Schöne die Vorherrschaft gegenüber dem Konzept, den visuell authentisch Eindruck der Achtziger zu inszenieren; es sah dann manchmal einfach zu gut aus. Damit lässt sich leben, weil der Eindruck einer fremden Zeit doch immer erhalten blieb.
Trübe stimmt der Gorbatschowismus der letzten Staffel. Schien es zuvor irgendwie immer darum zu gehen, die Amerikaner (Publikum) zu den Russen (Figuren) hinzuführen, ging es jetzt darum, die Russen (Figuren) bei den Amerikanern (Publikum) ankommen zu lassen. Wo vorher Einfühlung des Publikums war, stand jetzt die Erlösung der Figuren.
Erzählt wird in dieser letzten Staffel die Geschichte des Friedensprozesses unter Gorbatschow. Unterschlagen wird, dass dieser Friedensprozess einfach die Niederlage des Sozialismus bedeutet hat. Wie Gorbatschow rüsten die Jennings einseitig ab, denn der Gegner denkt nicht daran, irgend einzulenken. Philipp zieht Elizabeth am Ende auf seine Seite, die Tauben siegen über die Falken, und die amerikanischen Falken gewinnen damit. Der Kern des sogenannten Neuen Denkens, also des einzigen Beitrags, den Gorbatschow genuin der Theoriegeschichte der Partei beigesteuert hat, ist, die Friedensfrage über die Systemkampffrage, den Glauben an die heile Welt über den Klassenkampf zu stellen. Für einen nicht erlangbaren Frieden hat der Sozialismus sich dem Imperialismus unterworfen, ohne dass der Imperialismus ein Zentimeter gerückt wäre. Den Frieden hat er dann übrigens nicht bekommen, nur seinen Tod.
Gewissermaßen stirbt auch Elizabeth. Sie fällt bei der Abhör-Szene vollends auf jene Finte rein, kann beim besten Willen keinen Hochverrat erkennen, wenn der Diplomat für den Frieden militärische Geheimnisse an einen Feind preiszugeben bereit ist, der nicht zögern wird. Das ist nun nicht bloß als solches gedankenlos. Es widerspricht allem, was für bislang von dieser Figur gesehen haben. Ihr Tod ist grauenhaft: Sie verwandelt sich in einfach in Philipp.
Sicher, die Serie spielt in den Achtzigern, wo eine gewisse Naivität noch möglich war, aber geschrieben wurde sie in unserer Zeit, und deswegen ist sie – so gut sie ist und so sehr das Bemühen von bürgerlichen Autoren, fremde, sozialistische Standpunkte zu verstehen, anerkannt werden muss – letztlich auch nicht mehr als Ausdruck einer Ideologie, dernach im Systemkampf der Imperialismus immer schon recht hat, während der Sozialismus als der Herausforderer am Platz sein Existenzrecht ständig nachweisen muss.
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