Ich habe überhaupt nichts gegen Adaptionen. Jedenfalls nie, solange ich sie noch nicht gesehen habe. Bei »Ben Hur« z.B. ist schwer vorstellbar, dass die Vorlage (ich rede von Wylers Monster) überhaupt untertroffen werden kann. Dieser Film mit seinen 11 Oscaren nimmt sich mit verstörender Offenheit das Recht heraus, sein Publikum zu langweilen, und wär doch ein Meisterwerk, wenn man die meterschindenden Passagen, die Overtüren, Zwischenspiele, das sinnlose Herumstehen oder -laufen der Figuren aus ihm entfernte. Wenn man den wuchtigen jüdischen Racheplot nicht mit der christlichen Ödnis von Vergeben und Erdulden verpanscht hätte. 222 Minuten ließen sich problemlos auf 120 zusammenkürzen, und herauskäme ein Film, den man sich mehr als einmal ansehen kann. Auch das Remake, das jetzt ansteht, wird jene Macken nicht ganz loswerden können (sie liegen ja schon im Stoff selbst, Ben Hur ohne Jesus wäre nicht Ben Hur), aber es ist schwer vorstellbar, dass es ähnlich sadistisch gegen sein Publikum sein könnte.
Bei den »Glorreichen Sieben« hingegen ist das Verhältnis konträr. Hier ist das Original nicht zu übertreffen. Da helfen keine technischen Upgrades (und ein Maschinengewehr hatten wir dann auch schon mal in einem der beiden Sequels), hilft keine ethnisch heterogenere Gruppe (die immerhin neuere Räume für Oneliner ermöglicht) und auch nicht die Anreicherung der Figuren mit der seit den Neunzigern in jeder physischen Handlung dominierenden Coolness, die durch ebendiese Dominanz bereits wieder einbüßt. Die Sieben von 1960 hatten die Tiefe der Sieben Samurai in den Westen gerettet. Ihre Handlung zeigt exemplarisch das Handwerk des Kriegsadels als selbst besorgte Auflösung. Wo Staatlichkeit (Kodifizierung, öffentliche Ordnung, polizierte Gewalt) sich allmählich durchsetzt, werden die Spezialisten der Gewalt als freie Unternehmer überflüssig. Die Revolverhelden besorgen, indem sie einem Dorf gegen sinistere Vertreter ihres Berufstands aushelfen, den eigenen Untergang. Sie selbst schaffen die Voraussetzung, nicht mehr gebraucht zu werden. Das Handwerk beseitigt sich, indem es ausgeübt wird. Das ist die Differenz zum produktiven Handwerk, zur Arbeit der Bauern, die die Helden verteidigen. Von dieser inneren Tragödie haben die Sieben von 2016 gar nichts. Seine gedankliche Substanz fasst der Film selbst, unfreiwillig Armutszeugnis ablegend, so zusammen: Sie kämpften für jene, die nicht für sich selbst kämpfen konnten, und sie starben für sie, um eine Schlacht zu gewinnen, die nicht die ihre war. Es war glorreich. – Übrigens stimmt es dann nicht mal, ganz abgesehen davon, dass es banal ist. Was nicht ihrs war, das ist der Krieg, nicht die Schlacht. Die war und ist ganz ihre.
Auch die Dramaturgie der Adaption ist weniger versiert als die der Vorlage. Dort gab es z.B. eine schwerwiegende Peripetie, als das Dorf die von ihm gedungenen Helden an die Bösewichte verrät. Zudem fehlt dem Remake eine Figur wie die No. 7 des Originals, gespielt von Horst Buchholz, die parallel eine Fabel um die Liebe und Entwicklung des Charakters möglich macht. Im Vergleich dazu bleiben alle 7 von 2016 ganz flach. Dann ist es auch folgerichtig, dass Liebe in diesem Film nicht vorkommt. Wer von diesen Papphelden sollte denn lieben? Und mehr noch: Wer von ihnen wäre wert, geliebt zu werden. Nicht allein, dass der Witz des Originalfilms viel trefflicher wirkte, weil er in ein ernsthafteres Umfeld gestellt war (dasselbe Verhältnis haben übrigens auch die Ghostbusters 2016 und 1984.), auch, dass mit Charakteren, die Tiefe haben, sich besser fühlen lässt. So nährt sich die Spannung der Sieben von heute vollständig aus der Frage, ob auch dieses Mal wieder die Nummern 1, 2 und 7 überleben werden. Ich verrate mal so viel: Es sind wieder 4 aus 7, die das Dorf nicht mehr verlassen.
Ein kurzer Moment der Hoffnung glomm dann doch auf, als recht früh im Geschehen der Bösewicht dem Sheriff gebot, die Körper der soeben Erschossenen zur Warnung auf den Straßen liegenzulassen. Und die Idee befestigte sich in mir, mich einfach im Film geirrt und eine Neuverfilmung der Antigone erwischt zu haben. Da sterben übrigens auch 4 von 7 Hauptfiguren.
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