Es ist vermutet worden, daß die Differenz in der Traufhöhe dadurch zustande kam, daß Biermann eben dabei war, sich wegzuducken, als er dieses Schnappschusses Ziel wurde. Dem muß widersprochen werden. Biermann ist von Natur so tief. Ich täte das nicht erwähnen, wenn es ihn nicht erklärte.
Der Fehler der gesamten Debatte um Biermann (mit einer erfreulichen Ausnahme) ist, daß sie mit politischen Begriffen geführt wird. Man kann über Biermann nicht mit politischen Begriffen reden, sondern nur mit medizinischen. In der Tat ist er einer der wenigen konkreten Fälle eines reinen Narzißten. Jeder sieht, daß der Mann ein Problem hat, und als gängige Erklärung der Frage, die sich alle stellen: Warum ist der so?, wird gern seine Ausbürgerung genommen, durch die er einen Knacks bekommen habe. Wer aber Biermanns früheres Leben betrachtet, wird sehen: Nein, der war wirklich schon immer so. Was Biermann ausschließlich beschäftigt, ist Biermann, und Objekte waren ihm von Anbeginn nie etwas anderes als Gelegenheiten, seine Libido abzuziehen. Der Narziß braucht den Spiegel. Da ist das Wasser eines ruhenden Teichs ebenso gut wie das Glas der Vitrine bei Omma Meume oder die Marmortäfelung im Klo des Deutschen Bundestags.
Das Phantasma des Drachentöters wird hierbei zum Schlüssel. Dieses Selbstbild Biermanns ist, was einem mittelmäßigem Poeten, gebeten um eine hübsche Metapher, nach zweieinhalb Sekunden lustloser Überlegung als erstes einfiele. Poesie von der Stange als Lebensthema. Man kann nur ahnen, wie weit Eitelkeit eine Seele erfaßt haben muß, daß sie sich nicht scheut, für Dreimarkfuffzig ihr Leben zu beschreiben und dabei dennoch mit den Augen zu rollen, als habe sie eben hervorgebracht, was außer ihr allenfalls noch Dings mit der Gitarre oder der Typ aus Stratford hätten sagen können.
Die Unfähigkeit zur Fähigkeit hat natürlich auch damit zu tun, daß Biermann die Distanz zu seinem Werk fehlt. Seine Metapher ist nicht seine Metapher, sondern für ihn ist sie die Wahrheit. Biermann glaubt wirklich, die DDR im Alleingang erledigt zu haben, glaubt wirklich, ein Drachentöter zu sein. Er brüstet sich mit der Tötung eines Wesens, das nachweislich nie woanders existiert hat als in lebendig gehaltenen Mythen. Denn diese DDR, die er erledigt haben will, hat in der Tat nie existiert. Und der Drache? Ja sicher, der auch nicht. Deswegen hat Biermann, wenn er die einzige sozialdemokratische Fraktion des Bundestags als Drachenbrut bezeichnet, noch weniger recht als ohnehin schon. Und das einzige, was man von ihm lernen kann, ist, wie man Servilität & Opportunismus so darbietet, daß es wie Courage und Rebellion aussieht.
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