Aug 262012
 

Es gibt gute Gründe, vor allem Schalke 04 den Abstieg zu wünschen. Die wenigsten davon haben mit Fußball zu tun. Schlechtes Ballspiel pflegen andere Vereine auch. Worin Schalke führt, das ist jene Pest, die man Fankultur nennt. Heute weiß man doch, wie Fußball allein genießbar ist: mit ausgesuchten Teilnehmern vor einem Großbildschirm bei teurem Rotwein und Vivaldi. Wenn das Geld für den Rotwein nicht reicht, tut es auch eine VIP-Loge im Stadion. Es sind die Stehplätze, die den Fußball zerstören, und ganz Schalke ist nichts als ein riesenhaft ausgewachsener Stehplatz. Die Seelenlage des Schalkers ist mit schlicht noch zu kompliziert umschrieben. Aber es ist nicht einmal dieser unüberbietbare Grad an Volkstümlichkeit, der Schalke unverwechselbar macht. Es ist der Hochmut im Niederen; jener Glaube, besser zu sein, weil man schlechter ist. Nur wer seine Mängel für Tugenden hält, hängt sich selbst den Titel »Meister der Herzen« um, wenn es einmal mehr zur wirklichen Meisterschaft nicht gereicht hat. Nur der billigt mithin eine hasadierende Geschäftspolitik, die nur Dank schmieriger Lokalpolitiker und zwielichtiger Investoren, die immer wieder die Lücken gestopft haben, bis heute nicht bestraft worden ist. Man kann das Elend auf die Formel bringen: Schalke, das ist Meppen plus Größenwahn.

Ein solcher Verein wird folglich auf andere Weise bestraft: durch Anhänger wie Johannes Paul, Manni Breuckmann und Stefan Engel, durch einen Präsidenten, der Schuldenberg (oder so ähnlich) heißt, und last and least einen Aufsicht führenden Fleischverkäufer, dessen einzige kulturelle Leistung darin besteht, gemeinsam mit Lothar Matthäus, Theodor Guttenberg und der Redaktion der BILD-Zeitung das Aussterben der zurückgelegten Hartschleimfrisur verhindert zu haben.

Auf Schalke trifft sich armer Pöbel mit reichem Pöbel; ein bißchen Wayne, ein bißchen Cristiano, Gosse und Glamour reichen sich die Hand, und ich finde: Es reicht jetzt.

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abgedruckt in: Jungle World 34/2012.

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